Im Februar 2016 erschien nach einer etwa zweijährigen Entwicklungszeit unsere Henle Library App für iPads, im Juni des Jahres gefolgt von einer Version für Android Tablets. Fünf Jahre sind seitdem vergangen, fünf Jahre einer großen, andauernden Erfolgsstory! Was ist seit meinem letzten Blog zur App im Mai 2019 geschehen? Ein kleiner Blick zurück und voraus!
Seit der Geburtsstunde unserer App vor fünf Jahren treibt sie uns um, die Henle Library. Schnell haben auch wir gelernt, was wir Novizen in der Welt des Digitalen vorher bereits geahnt hatten: Ein digitales Projekt hat einen Anfang, aber kein Ende. Alles bleibt in Bewegung, die Ansprüche der Musiker*innen an die App wachsen und wachsen, und die technische Basis ist in ständigem Wandel – die Tablets, die darauf laufenden Betriebssysteme, die Infrastruktur im Hintergrund in der Cloud und und und … Unsere Visionen und konkreten Planungen treiben uns voran und die Konkurrenz tut das Ihrige, uns auf den Beinen zu halten.
Zurückblicken können wir bereits auf großen Erfolg, denn wohin wir auch schauen, die Zahlen steigen stark. Inzwischen haben wir Zehntausende aktive Nutzer*innen in über 80 Ländern, die Erlöse aus der App übersteigen die laufenden Kosten deutlich und im täglichen Austausch mit unseren App-Musiker*innen erhalten wir wunderbares Feedback zur Qualität des Erreichten. Und dennoch gibt es so viel zu tun.
Wie bei der Qualität des iPads und der Stabilität und intuitiven Nutzerführung des Betriebssystems iOS nicht anders zu erwarten, dominiert diese Plattform unseren Markt ganz wesentlich (siehe oben orange). Die Android-Welt, im Tablet-Bereich unter Musiker*innen weniger präsent, konnte nicht mithalten, obwohl wir 2016 für beide Betriebssysteme eine App mit gleichem Funktionsumfang vorlegten. Dennoch fühlen wir uns Android weiter verpflichtet und werden diese Version der App – wenn auch mit angezogener Handbremse – weiterentwickeln. Für Laptop-Besitzer*innen interessant: Auf den neuesten Macbook-Modellen (mit M1 Chip) läuft der iPad-Variante ebenso wie auf zahlreichen Chromebooks unsere Android-App.
Gelegentlich wird an uns der Wunsch herangetragen, doch auch eine plattformunabhängige Browservariante der Henle Library anzubieten. Bisher konnten wir uns von der Sinnhaftigkeit einer solchen Unternehmung nicht überzeugen lassen. Unsere App ist für den mobilen, praktischen Einsatz entwickelt, nicht für Desktop- oder Laptop-Computer, die für Aufführungen oder Proben wenig geeignet sind. Außerdem wären die besonderen Features, die wir in der App anbieten, mit Browsertechnologie nur schwer umzusetzen (zumal sie auch offline funktionieren müssten). Allerdings werden wir die Entwicklung von Windows-Tablets, deren Verbreitung weit hinter iPads und Android-Tablets hinterherhinkt, weiter beobachten und hier eventuell einmal aktiv werden.
Neue Funktionen seit Mai 2019
Kurz vor meinem letzten Update zum Stand der Entwicklungen bei der App im Mai 2019 hatten wir den Annotationsmodus komplett überarbeitet und neu ausgeliefert. Das Ergebnis dieses größeren Projektes hat großen Anklang gefunden. Besonders das Arbeiten mit dem Apple Pencil ist deutlich intuitiver geworden, die Einführung eines guten Radiergummis und der Undo-Funktion hilft.
Was ist seitdem für Benutzer*innen sichtbar passiert? In den insgesamt 19 (!) Updates, die wir seit Mai 2019 veröffentlicht haben, sind neben umfangreicher Hintergrundaktivitäten ein paar sehr nützliche neue Funktionen in die App eingebaut worden:
- Unsere App bietet in einem zentralen Bereich weit über unsere Druckausgaben hinausgehende Inhalte: Zahlreiche weitere, von historischen oder lebenden Künstler*innen erstellte Fingersatz- und Strichbezeichnungen. Im Henle Store in der App kann man seit Ende vorletzten Jahres nun nach den Namen dieser Künstler*innen suchen und filtern und, noch intuitiver, gleich auf der Startseite des Stores finden sich Karussells, die die Künstler*innen zeigen und entsprechende Filter mit einem Tap anbieten:
Viele Künstler*innen sind schon seit längerem auch aktive Botschafter unser App geworden. Eine aktuelle Auflistung aller beitragenden Musiker*innen finden Sie hier! Ganz wunderbare Geburtstagsgrüße erhielten wir kürzlich z.B. von niemand Geringerem als Maestro Emanuel Ax.
- Sie haben es oben bereits auf dem Foto mit dem Macbook gesehen, wir haben inzwischen auch eine Doppelseiten-Ansicht in die App implementiert, ein vielfacher Wunsch aus der Szene. Demnächst wird den Musiker*innen noch die Möglichkeit eingeräumt, in dieser Ansicht jeweils eine oder zwei Seiten zu blättern. Lea Hausmann und Sam Sheperd vom wunderbaren Amatis-Trio präsentieren für uns diese neue Funktion in einem kurzen Video:
- Um das Musizieren auf der Bühne aus unserer App heraus noch sicherer zu machen, haben wir den „Performance-Mode“ eingeführt. Mit einem Tap auf das entsprechende Icon
- werden alle Funktionen außer den Blättermöglichkeiten Tap, Swipe oder Pedal ausgeschaltet. Ein versehentliches Aktivieren des Annotationsmodus wird damit zum Beispiel komplett vermieden.
Im Herbst 2020 konnten wir endlich den vielfach an uns herangetragenen Wunsch von Musikhochschulen und Konservatorien erfüllen, ein Nutzungsmodell für Studierende und Unterrichtende an diesen Institutionen anzubieten. The Juilliard School, New York und Tianjin, war im November zu unserer großen Freude – wir sind dem Konservatorium schon seit vielen Jahren freundschaftlich verbunden – das erste Konservatorium, das dieses Angebot wahrgenommen hat. Viele sind Juilliard inzwischen gefolgt. Unsere „Henle Library – Campus Edition“ bietet den gesamten Urtextausgaben-Katalog in der App für Mitglieder der Institutionen kostenfrei an.
Viele Änderungen fanden allerdings auch im Verborgenen statt und werden – so wichtig sie sind – von unseren Benutzer*innen zunächst nicht wahrgenommen. Wir haben uns um die permanent nötigen Modernisierungen der Cloud-Infrastruktur gekümmert, den Datenschutz verstärkt und speichern nun zum Beispiel alle Daten, sei es Benutzerprofile oder digitale Partituren, in der EU.
Was kommt?
Was können Sie in den nächsten Jahren an Neuem erwarten? Nun, zunächst werden wir, wie ich oben bereits schrieb, weiter über zusätzliche Plattformen für unsere App nachdenken – eine Smartphone-Variante eingeschlossen. Außerdem wollen wir die Kommunikations- und die Austauschmöglichkeiten für Musiker*innen untereinander und mit uns massiv ausbauen, um der Henle Library-Community damit einen Dienst zu erweisen. Bis Ende 2021 soll nun endlich auch der gesamte Urtextkatalog in der App erhältlich sein – die Neuerscheinungen der letzten Jahre sind es schon, aber wir arbeiten noch an den weniger nachgefragten, aber dennoch attraktiven Titeln aus der sogenannten Backlist des Programms.
Ganz aktuell schließen wir allerdings die Arbeit an zwei wunderbaren neuen Funktionen ab, unter den Arbeitstiteln „Variationen“ und „Interpretationslayer“. Die „Variationen“-Funktion erlaubt es uns, die Linearität der Notentexte an entscheidenden Stellen aufzubrechen. So kann man demnächst zum Beispiel an Kadenzstellen in Konzertwerken aus verschiedenen Kadenzen auswählen und die gewünschte im Fluss des Notentextes gleich an Ort und Stelle anzeigen lassen. Diese Wahlmöglichkeit, die an jeder beliebigen Stelle des Notentextes von uns implementierbar sein wird, öffnet ganz neue Möglichkeiten in der Darstellung, die nur in der digitalen Welt umsetzbar sind. „Interpretationslayer“ sind von berühmten Lehrer*innen und Musiker*innen angefertigte Annotationslayer, die man über den Notentext legen kann, ganz so wie jetzt schon mit Fingersätzen und Strichbezeichnungen. Aber diese Layer gehen mit einem pädagogischen Ansatz viel weiter und enthalten auch Hinweise zu allen anderen musikalischen Parametern bis hin zu Tipps und Tricks zum Bewältigen kniffeliger Stellen oder Vorschlägen zur charakterlichen Ausgestaltung. Coming soon!
Fünf Jahre Henle Library App. Folgen Sie uns in den Social Media und schauen Sie immer wieder einmal im Henle Store in der App vorbei – es laufen viele Sonderaktionen zum Zugreifen, über das ganze Jahr verteilt!
Uns jedenfalls werden die Ideen und die Arbeit nicht ausgehen.
Herzlich
Ihr
Norbert Gertsch