Beim Stö­bern im Pro­gramm des Hen­le-Ver­lags wird man ge­le­gent­lich auf den Link „kos­ten­lo­ser Down­load“ sto­ßen. Er bie­tet für den in­ter­es­sier­ten Mu­si­ker er­gän­zen­de In­for­ma­tio­nen zu ei­ni­gen un­se­rer Aus­ga­ben, deren Wort­tex­te oh­ne­hin on­line ver­füg­bar sind. Die Down­loads be­tref­fen in ers­ter Linie das Ver­zeich­nis der Quel­len und Les­ar­ten, den so ge­nann­ten Kri­ti­schen Be­richt, der in Hen­le-Aus­ga­ben als Be­mer­kungs­teil be­zeich­net wird. In ei­ni­gen Fäl­len, in denen die­ser Teil erst nach­träg­lich zu­sam­men­ge­stellt wurde (wie in den frü­hen Mo­zart-Aus­ga­ben HN 1 und 2) oder wegen des gro­ßen Um­fangs in der Aus­ga­be nur auf we­sent­li­che Be­mer­kun­gen be­schränkt wer­den muss­te (wie in vie­len Cho­pin-Edi­tio­nen, z.B. HN 862, 882, 884, 960, 993, 1154), be­steht so die Mög­lich­keit, Aus­kunft zu Ab­wei­chun­gen im No­ten­text in ein­zel­nen Quel­len zu er­hal­ten, die in der Aus­ga­be selbst nicht ent­hal­ten sind. Down­loads wer­den dar­über hin­aus zu zwei Kon­tra­bass­kon­zer­ten von Dit­ters­dorf (HN 759) und Hoff­meis­ter (HN 721) an­ge­bo­ten, in denen für Spe­zia­lis­ten und er­fah­re­ne Spie­ler die So­lo­stim­me in der so­ge­nann­ten „Wie­ner Stim­mung“ (Sai­ten­stim­mung A-d-fis-a) ab­ge­druckt ist. Ähn­lich ver­hält es sich mit der Ar­peg­gio­ne-Stim­me in der Edi­ti­on von Schu­berts be­rühm­ter So­na­te D 821 (siehe HN 612).

Eine an­de­re Art der Er­gän­zung fin­det sich für das Cel­lo­kon­zert d-Moll von Édouard Lalo (HN 802). Lalo war in sei­nen kon­zer­tan­ten Wer­ken dar­auf be­dacht, die So­lo­stim­me stän­dig zu ver­fei­nern, wobei er auch An­re­gun­gen aus Pro­ben und Auf­füh­run­gen be­rück­sich­tig­te. Das führ­te im Fall des Cel­lo­kon­zerts dazu, dass das er­hal­te­ne Au­to­graph des Kla­vier­aus­zugs ins­ge­samt vier ver­schie­de­ne Kor­rek­tur­schich­ten auf­weist, wobei ein­zel­ne Stel­len mehr­fach ge­än­dert wur­den, wie nach­fol­gen­des Bei­spiel zeigt (Satz I, Takte 91-94).

Ei­ni­ge der Kor­rek­tu­ren trug er al­ler­dings zu einem Zeit­punkt ein, als der Druck be­reits vor­be­rei­tet wurde. Kom­po­si­ti­on und Druck­le­gung über­schnei­den sich daher in der zeit­li­chen Ab­fol­ge, und die Ab­wei­chun­gen zwi­schen den ver­schie­de­nen Quel­len sind zum Teil be­trächt­lich. Er­schwert wird die Quel­len­be­wer­tung da­durch, dass so­wohl die Druck­fah­nen als auch die Stich­vor­la­ge zur ge­druck­ten Par­ti­tur ver­schol­len sind. Daher ist un­klar, woher Va­ri­an­ten in der Druck­par­ti­tur stam­men, die sich in kei­ner an­de­ren Quel­le bzw. in kei­ner der Kor­rek­tur­schich­ten des au­to­gra­phen Kla­vier­aus­zugs fin­den. Auf­grund der Lü­cken – so­wohl in der Über­lie­fe­rung der Quel­len als auch in der Do­ku­men­ta­ti­on der Chro­no­lo­gie von Kom­po­si­ti­on und Druck­le­gung – lässt daher sich eine Fas­sung letz­ter Hand nicht ein­deu­tig re­kon­stru­ie­ren (vgl. die aus­führ­li­chen Dar­le­gun­gen im Kri­ti­schen Be­richt). Dies be­deu­tet in der Kon­se­quenz, dass man sich der letzt­end­lich vom Kom­po­nis­ten in­ten­dier­ten Ge­stalt der So­lo­stim­me nur an­nä­hern kann, um­ge­kehrt dem Cel­lis­ten eine ge­wis­se Frei­heit zu­ge­ste­hen muss, vom edier­ten No­ten­text ab­zu­wei­chen und Va­ri­an­ten aus an­de­ren Quel­len den Vor­zug zu geben. Daher hat sich der Henle Ver­lag ent­schlos­sen, er­gän­zend zum Be­mer­kungs­teil eine syn­op­ti­sche Über­sicht als Down­load an­zu­bie­ten, in der die So­lo­stim­me gemäß den Haupt­quel­len über der edier­ten Stim­me er­scheint.

Die Ab­wei­chun­gen be­tref­fen im We­sent­li­chen Bo­gen­set­zun­gen, Strich­be­zeich­nun­gen, Vor­trags- und Tem­po­be­zeich­nun­gen, ge­le­gent­lich aber auch die Rhyth­mik (vgl. Takte 9 und 11 in der Ab­bil­dung). Die Les­ar­ten der ver­schie­de­nen Quel­len sind zwar in der Aus­ga­be selbst do­ku­men­tiert – bei gra­vie­ren­den Ab­wei­chun­gen als Fuß­no­te –, aber es ver­steht sich von selbst, dass der Quel­len­ver­gleich in der Syn­op­se we­sent­lich an­schau­li­cher ist – der kos­ten­lo­se Down­load lohnt sich also in jedem Fall.

P.S. Von Hein­rich Schiff, der für die zu­sätz­li­che be­zeich­ne­te Cel­lo­stim­me in un­se­rer Aus­ga­be ver­ant­wort­lich zeich­net, liegt eine wun­der­ba­re Ein­spie­lung die­ses Kon­zerts vor.

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