An­ders als Jo­hann Se­bas­ti­an Bach, des­sen Weih­nachts­ora­to­ri­um und zahl­rei­che Ad­vents­kan­ta­ten im De­zem­ber nicht mehr weg­zu­den­ken sind, ist Jo­seph Haydn nun nicht ge­ra­de als Weih­nachts­kom­po­nist be­kannt. Den­noch: Die in un­se­rem Ver­lag er­schie­ne­ne Jo­seph-Haydn-Ge­samt­aus­ga­be hat in Reihe XXII, Band 2/1 (HN 5541), eine Reihe von klei­nen Vo­kal­wer­ken ver­öf­fent­licht, die Haydn für die Früh­mes­sen der Es­ter­ha­zys der Ad­vents­zeit in den Jah­ren 1765–69 und 1773–76 kom­po­nier­te. Die Can­ti­le­na pro ad­ventu D-dur Hob. XXI­I­Id:3 ent­stand ver­mut­lich 1768.

Die pro­ble­ma­ti­sche Über­lie­fe­rungs­ge­schich­te wol­len wir in un­se­rem Weih­nachts-Blog nicht voll­stän­dig auf­rol­len, nur so viel sei ge­sagt: Dass die Musik von Haydn stammt, ist ziem­lich si­cher, nur hin­sicht­lich des Ge­sangs­tex­tes gibt es et­li­che Fra­ge­zei­chen. In den Quel­len fin­det sich u.a. ein mund­art­li­cher und ein la­tei­ni­scher Text – auch „Ihr Kin­der­lein kom­met“ ist der Me­lo­die un­ter­legt. Die Ge­samt­aus­ga­be geht davon aus, dass der im bur­gen­län­di­schen Dia­lekt ver­fass­te Text „Herst Nach­bä“ (hoch­deutsch: „Hörst du, Nach­bar“) dem Ori­gi­nal am nächs­ten kommt. Das sieht auf der ers­ten Seite der Ge­samt­aus­ga­ben-Par­ti­tur dann so aus:

Die „Pas­torel­la“ wiegt sich im gen­re­ty­pi­schen 6/8-Takt.

Und um das in vie­ler­lei Hin­sicht schwie­ri­ge und von vie­len Sor­gen ge­präg­te Jahr nun doch in weih­nacht­li­cher und hoff­nungs­vol­ler Stim­mung ab­zu­schlie­ßen, emp­feh­len wir diese Auf­nah­me der Can­ti­le­na:

Und hier auch noch der Text zum Mit­le­sen (diese hoch­deut­sche Fas­sung ist, dies sei noch ge­sagt, in den his­to­ri­schen Quel­len al­ler­dings nicht über­lie­fert):

  1. Hör Nach­bar, ach sag mir, was ist da heut Nacht,
    wie hast denn du heute die Zeit zu­ge­bracht?
    Ich weiß nicht, mir träum­te, nein träumt mir nicht mehr,
    ich hör etwas sin­gen, horch Bru­der, geh her!
    Schau, dor­ten, von wei­tem, was leuch­tet so schön?
    Nimm noch je­mand mit, denn wir wol­len hin­gehn.
    Ich fürch­te mich nicht und ich bin vol­ler Mut,
    mein Herz tut mir sprin­gen, es ist mir recht gut.
  2. Potztau­send, wie näher, wie ärger es brennt,
    schau hin, ach ich glau­be dort liegt ein klein’s Kind.
    Ein Jung­frau da­ne­ben und ein alter Greis,
    siehst du ihn nicht knie­en, er ist ganz schnee­weiß.
    Ein Ochs und ein Esel, die ste­hen dabei;
    Das Kind in der Krip­pen, es lie­get auf Heu.
    Sie tun es an­hau­chen, die Kälte ist groß,
    die Leut’ hab’n kein Win­del, es liegt völ­lig bloß.
  3. Mein Bru­der, ich sag dir, ich bleib nicht mehr hier,
    ich hole ein Schafs­fell und nehm’ es mit mir.
    Es tut mir er­bar­men, das her­zi­ge Kind,
    dass es nicht er­friert, deck’ ich zu es ge­schwind.
    Was denkst du, wie ist dir? Ich sag dir’s ganz frei,
    der Glanz, die Musik und das Sin­gen dabei,
    das ist nicht na­tür­lich, ich will euch was sag’n,
    wie ich in der Stadt war, hab ich hören sag’n:
  4. Dass unser Er­lö­ser soll sein nicht mehr weit,
    ach wär’s doch dies Kind­lein, das wär’ eine Freud!
    Kommt knie­en wir nie­der und bit­ten das Kind,
    es möcht’ uns ver­zei­hen all un­se­re Sünd.
    O lieb­li­ches Kind­lein, o her­zi­ger Schatz,
    mein Herz sei dein Wind­lein, da mach ich dir Platz.
    Ich küsse, ich ehre, ich liebe dich sehr,
    ach komm, mein Er­lö­ser, ach komm doch bald her.

Wir wün­schen un­se­ren Le­se­rin­nen und Le­sern frohe Fei­er­ta­ge und ein gutes neues Jahr!

Ihr Au­to­ren­team des Hen­le-Blogs
Nor­bert Gertsch
Peter Jost
Nor­bert Mül­le­mann
An­net­te Op­per­mann
Do­mi­nik Rah­mer
Wolf-Die­ter Seif­fert

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