Vor einigen Wochen begann ich die Editionsarbeiten an einer Werkgruppe, die mich schon sehr lange beschäftigt und die ich über alles liebe: Mozarts Streichquartette. Ich werde sie in neu zu erarbeitenden Urtextausgaben (Stimmen und Partitur) im G. Henle Verlag komplett herausbringen. Ende 2015 wird als erste Frucht dieser mühsamen Arbeit Band 4 erscheinen: das „Hoffmeister-Quartett“ KV 499 sowie die drei „Preußischen Quartette“ KV 575, 589 und 590. Die übrigen Streichquartette folgen dann chronologisch rückwärts in den kommenden Jahren.
Ich war bisher immer der Meinung, dass meine Edition nicht viel Neues wird bringen können, denn der Notentext der Neuen Mozart-Ausgabe und in ihrer Folge die praktischen Ausgaben des Bärenreiter Verlags sind eine weltweit geschätzte Referenz. Zu Recht. Und doch stolpere ich bereits jetzt schon an einigen Stellen über Text-Ungenauigkeiten dieser Ausgabe (und der ihr vorausgehenden). Ich meine deshalb, es lohnt sich die Quellen nochmals sehr genau anzusehen. Eine erste Kostprobe gefällig?
Zu Beginn des langsamen Satzes des B-dur-Quartetts KV 589 steht das dynamische Zeichen „mfp“ im berühmten Cellosolo (und danach im Violinsolo, und natürlich auch wieder in der Reprise beider Stellen) in allen bisherigen Ausgaben an falscher Stelle. Bilden Sie sich ein eigenes Urteil:
Meiner Meinung nach steht das „mfp“ in Takt 5 (Cello) und 13 (Violine) eben gerade nicht zur Takt-Eins, sondern wird von Mozart wundervoll synkopisch auf die Takt-Zwei bezogen. Stimmen Sie mir zu? Mein Freund Valentin Erben (Cellist des Alban Berg-Quartetts), dem ich die Stelle neulich begeistert zeigte, schloss sich jedenfalls meiner Lesart sofort an und kommentierte ergriffen: „Es ist so faszinierend, wie selbst so scheinbar kleine Details signifikant sein können. Das ist schon alles wunderbar!“
Freuen Sie sich also mit mir auf viele weitere solcher Präzisierungen, die Mozarts Notentext seiner Quartette noch besser machen werden, als wir sie bislang im modernen Druck ohnehin schon kennen.