Manch ein Leser wird den­ken, ich hätte mich in der Jah­res­zeit ge­irrt: Zum Herbst­be­ginn ein Früh­lings­blog?

Mein un­zeit­ge­mä­ßer Bei­trag hat aber einen An­lass. Im G. Henle Ver­lag wurde ge­ra­de eine Aus­ga­be ver­öf­fent­licht, die ein klei­nes Stück ent­hält, das die meis­ten von uns ver­mut­lich als die „Früh­lings­wei­se“ der Co­me­di­an Har­mo­nists ken­nen (Be­ar­bei­tung einer Lied­ver­si­on, Text von Hans Lengs­fel­der). Was steckt aber hin­ter die­sem Ohr­wurm, und was hat er mit dem G. Henle Ver­lag zu tun?

Die „Früh­lings­wei­se“ ist ur­sprüng­lich die Nr. 7 im 1895 ver­öf­fent­lich­ten Zy­klus für Kla­vier zu zwei Hän­den Hu­mo­res­ken op. 101 von Antonín Dvořák. Dvořák schuf diese acht Mi­nia­tu­ren wäh­rend sei­ner ame­ri­ka­ni­schen Pe­ri­ode im Jahr 1894. Erste Ideen skiz­zier­te er of­fen­bar noch in New York, die Nie­der­schrift der acht „klei­nen leich­ten Kla­vier­kom­po­si­tio­nen“ (so der Kom­po­nist in einem Brief an sei­nen Ver­le­ger) fällt aber in Dvořáks Hei­mat­ur­laub, den er in Vysoká in Böh­men ver­brach­te. Wie die acht Stü­cke zu ihrem Titel „Hu­mo­res­ken“ kom­men, ist völ­lig un­klar. In den Skiz­zen­bü­chern gibt es viel­mehr Hin­wei­se dar­auf, dass der Kom­po­nist ur­sprüng­lich an eine Reihe Schot­ti­scher Tänze ge­dacht hatte, an Ecos­sai­sen also. Und tat­säch­lich er­in­nern die Stü­cke, die ohne Aus­nah­me im 2/4-Takt ste­hen, mit ihren re­gel­mä­ßi­gen acht­tak­ti­gen Phra­sen und ihrem tän­ze­ri­schen Ges­tus an jene Ecos­sai­sen, die seit ca. 1800 in ganz Eu­ro­pa po­pu­lär waren. Auch Kom­po­nis­ten wie Lud­wig van Beet­ho­ven und Franz Schu­bert steu­er­ten üb­ri­gens Bei­trä­ge zu die­ser Gat­tung bei (siehe z. B. HN 74 und HN 76 oder HN 449).

Was Dvořák bewog, die Stü­cke schließ­lich als „Hu­mo­res­ken“ zu be­zeich­nen, ist un­be­kannt. Be­reits im Au­to­graph über­ti­tel­te der Kom­po­nist sei­nen Zy­klus je­den­falls mit dem tsche­chi­schen Be­griff „Hu­mo­res­ky“. Der Titel ist also au­then­tisch, daran lässt das Au­to­graph kei­nen Zwei­fel. Dafür wirft diese Hand­schrift eine ganze Reihe von Fra­gen auf. Sie dien­te näm­lich nicht als Vor­la­ge für die Erst­aus­ga­be, die An­fang 1895 bei Sim­rock er­schien, son­dern scheint eher eine erste, vor­läu­fi­ge Nie­der­schrift zu sein. Das zei­gen die zahl­rei­chen Kor­rek­tu­ren und Strei­chun­gen; man­ches ist nach­träg­lich mit Blei­stift an­ge­deu­tet, und sogar die Rei­hen­fol­ge der acht Stü­cke weicht von der­je­ni­gen der Erst­aus­ga­be ab (die „Früh­lings­wei­se“ ist im Au­to­graph z.B. die Nr. 6). Es muss also eine wei­te­re, re­vi­dier­te und heute ver­schol­le­ne Hand­schrift ge­ge­ben haben, die Dvořák an sei­nen Ver­le­ger schick­te und die als Vor­la­ge für den Stich dien­te. Die Erst­aus­ga­be wie­der­um, das ist be­legt, wurde von Dvořák Kor­rek­tur ge­le­sen und dient daher un­se­rer Edi­ti­on als Haupt­quel­le. Trotz­dem fin­den sich zahl­rei­che Un­ter­schie­de zwi­schen Au­to­graph und Erst­aus­ga­be, bei denen oft nicht zu ent­schei­den ist, ob sie Ab­sicht oder Ver­se­hen sind.

In man­chen Fäl­len scheint der Fall klar zu sein, so etwa in T. 37 der Nr. 2. Unten ein Aus­schnitt aus un­se­re Ur­text­aus­ga­be, ein­schließ­lich Fuß­no­te.

Die Her­aus­ge­ber haben sich an die­ser Stel­le dazu ent­schie­den, im Haupt­text die Les­art des Au­to­graphs zu brin­gen, ob­wohl die Haupt­quel­le, die Erst­aus­ga­be, eine an­de­re Note auf­weist. Das dort zu fin­den­de dis2 ist je­doch aus ver­schie­de­nen Grün­den un­wahr­schein­lich. Schaut man sich die üb­ri­gen Grif­fe in die­sem Takt an – und zwar in der rech­ten und lin­ken Hand –, wäre ein Wech­sel der un­te­ren Note am Tak­ten­de zum dis2 un­lo­gisch. Ein Blick auf die Takte 39, 41, 43 un­ter­stützt diese Ver­mu­tung. Es ist also ge­recht­fer­tigt, der Erst­aus­ga­be hier einen Stich­feh­ler zu un­ter­stel­len und deren Les­art nur in einer Fuß­no­te mit­zu­füh­ren.

Etwas an­ders liegt der Fall in Nr. 3. So­wohl in T. 30 als auch in T. 41 hat das Au­to­graph Les­ar­ten, die zwar denk­bar sind. Der No­ten­text der Erst­aus­ga­be ist je­doch hier nicht grund­sätz­lich an­zu­zwei­feln. Daher weist un­se­re Aus­ga­be auf die Un­ter­schie­de im Au­to­graph „nur“ in je­weils einer Fuß­no­te hin.

Diese Bei­spie­le zei­gen, vor wel­che Fra­gen die bei­den Her­aus­ge­ber Chris­ti­an Scha­per und Ull­rich Schei­de­ler bei der Vor­be­rei­tung der Aus­ga­be immer wie­der ge­stellt waren: Gilt die Erst­aus­ga­be oder das Au­to­graph? Beide Quel­len sind pro­ble­ma­tisch. Das Au­to­graph, weil es ein Vor­sta­di­um re­prä­sen­tiert, die Erst­aus­ga­be, weil sie zwar Kor­rek­tur ge­le­sen wurde, aber of­fen­sicht­lich nicht gründ­lich genug.

Die Hu­mo­res­ke Nr. 7, die „Früh­lings­wei­se“ ist von der­ar­ti­gen Text­pro­ble­men glück­li­cher­wei­se kaum be­trof­fen. Sie war üb­ri­gens schon 10 Jahre nach der Erst­ver­öf­fent­li­chung so be­liebt, dass der Ver­lag Sim­rock sie 1905 (Dvořák starb 1904) als Ein­zel­aus­ga­be her­aus­brach­te. Schon da­mals waren zahl­lo­se Be­ar­bei­tun­gen im Um­lauf, wie die Liste auf dem Ti­tel­blatt ein­drucks­voll unter Be­weis stellt – wohl­ge­merkt alle nicht vom Kom­po­nis­ten selbst! Die Um­ar­bei­tung zur „Früh­lings­wei­se“ scheint vor die­sem Hin­ter­grund fast schon fol­ge­rich­tig…

Un­se­re Ur­text­aus­ga­be will je­doch eine Lanze für die Ori­gi­nal­fas­sung bre­chen – und zudem für die üb­ri­gen sie­ben Hu­mo­res­ken, die ganz zu Un­recht ein Schat­ten­da­sein füh­ren. Es han­delt sich um char­man­te, gut spiel­ba­re Kla­vier­mi­nia­tu­ren, die, ob­wohl sie einen ganz ei­ge­nen Ton tref­fen, durch und durch wasch­ech­ter Dvořák sind. Über­zeu­gen Sie sich selbst!

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6 Antworten auf »„Eine kleine Frühlingsweise“ – endlich im Urtext!«

  1. Daichi Hisada sagt:

    Sehr geehrter Herr Müllemann,
    verzeihen Sie mir die merkwürdige Frage:
    Entsprechen die Steigungen der Balken (auf dem ersten Notenbild in Takt 37 sowie 39, 41 und 43, in Takt 42 bzw. 44 und auf dem zweiten Notenbild in Takt 38 und 39) den jeweiligen Quellen?

    mit freudlichen Grüßen
    Daichi Hisada

    • Sehr geehrte/r Daichi Hisada,

      herzlichen Dank für die Frage zum Blog-Eintrag. Die Frage ist leicht zu beantworten: Nein, die Balkensteigung übernehmen wir prinzipiell nicht aus den Quellen. Hier greifen unsere Stich-/Satzregeln. Im vorliegenden Fall haben wir uns ganz bewusst dazu entschieden, bei den Doppelgriffen der rechten Hand nicht an die Parallelstellen T. 31 etc. anzugleichen (das würde heißen, jeweils 2mal fallende Balken, gefolgt von einem steigenden Balken), sondern jeweils horizontale Balken ohne Steigung zu setzen. Aber das ist natürlich Geschmackssache… Die Erstausgabe, unsere Hauptquelle, setzt bei den Doppelgriffen der rechten Hand übrigens steigenden Balken, was den musikalischen Verlauf der Linie eher unklarer macht.

      Mit freundlichen Grüßen,
      Norbert Müllemann

  2. Daichi Hisada sagt:

    Sehr geehrter Herr Müllemann,

    vielen lieben Dank für Ihre freundliche Antwort.

    Ihre Entscheidung finde ich sehr nachvollziehbar und es ist deswegen sehr faszinierend und spannend beim Notensatz, sämtliche Editionen zu vergleichen, da jedes Notenbild ja quasi sein eigenes Gesicht hat.

    Weiterhin freue ich mich auf Ihre hochqualitative Ausgabe und verbleibe

    mit freundlichen Grüßen
    Daichi Hisada

  3. Dr. Albert Schnelle sagt:

    Sehr geehrter Herr Müllemann,
    sind nun so viele “Genauigkeitsfanatiker” unterwegs oder fehlt mir ein Problembewusstsein? Ich komme darauf, weil ich manchmal den Eindruck habe, als gehe es in den Diskussionen nur noch um Pünktchen, Balken, Bindebogen und dergl….
    Was mir als ausübender Liebhaber-Pianist und musikwissenschaftlich Interessierter viel mehr am Herzen liegt, ist die Tatsache, dass nicht wenige Komponisten es liebten, ihre eigenen, durchaus schon fertiggestellten Werke nachträglich Überarbeitungen zu unterziehen. Neben dem “berühmten” Fall Bruckner wären hier in vorderster Linie aufzuzählen Mendelssohn, Liszt – aber auch Dvorak. In manchen Fällen hat man dankenswerterweise auch die Urfassungen dem Publikum zugänglich gemacht (z.B. Liszt, Consolations, bei Henle, teilweise auch Mendelssohn) – aber längst nicht konsequent.
    Speziell zu Dvorak: Seit langem ist bekannt, dass Dvorak sein Klaviertrio f-Moll op. 65 einer umfassenden Revision, verbunden mit eingreifenden Kürzungen, unterzog, bis er es zur Veröffentlichung stellte. Auch im Revisionsbericht der neuen Henle-Ausgabe wird auf diesen Sachverhalt hingewiesen.
    Erscheint nun – wie in diesem Fall – eine Neuausgabe, so werde ich bei aller Anerkennung der verlegerischen Leistung die leise Enttäuschung darüber nicht los, dass eine Chance vertan wurde, wenn man “nur” die endgültige Fassung zugrunde gelegt wurde und die offenbar stark abweichende Urfassung weiterhin in ihrem geheimnisumwitterten Dornröschenschlaf verharrt – wenn es nicht doch einmal musikwissenschaftlich neugierige Interpreten geben sollte, die es unternehmen “aus dem Manuskript” zu spielen. Auch das kommt ja vor.
    Wie dem auch sei – Ich möchte an dieser Stelle eindringlich dafür plädieren, nicht nur in den ohnehin zögerlich erscheinenden Gesamtausgaben, sondern gerade für den praktischen Gebrauch die “Fassungen” vorzustellen und damit zur Interpretation anzubieten. Unser Kanon an klassisch/romantischen Meisterwerken ist ohnehin so begrenzt und in weiten Teilen zudem verbraucht, dass solche Erweiterungen unseres Kenntnishorizontes hochwillkommen wären!

    Mit freundlichen Grüßen und besten Wünschen für das Weihnachtsfest
    Albert Schnelle

    • Sehr geehrter Herr Schnelle,

      herzlichen Dank für Ihren Kommentar und für Ihre Anregung, die ich natürlich bestens nachvollziehen kann. Sie sprechen zwei Aspekte an, mit denen auch wir im Lektorat uns immer wieder auseinandersetzen. Hier zwei Anmerkungen dazu:

      1) Bei den “Pünktchen und Balken” haben Sie schon Recht. Wir beschäftigen uns oft mit winzigen Details im Notentext, und dabei besteht natürlich die Gefahr den Blick für das Wesentliche zu verlieren. Es ist andererseits ein wichtiger Teil unseres Selbstverständnisses, dass wir ein Augenmerk auf genau diese Details haben und somit die Qualität unseres Urtextes sicherstellen. Bei all diesen “Kleinigkeiten” fragen wir uns stets, ob sie für den Interpreten von Interesse sind. Und nur wenn wir glauben, dass z.B. eine andere Balkung auf eine alternative Phrasierung hindeuten könnte, dokumentieren wir derartige Dinge auch im Kritischen Bericht. Das ist zumindest unser Ziel. Diese Diskussion um “Pünktchen und Balken” darf natürlich andere Fragestellungen nicht überlagern.
      2) Mit Ihren Anmerkungen zu Frühfassungen sprechen Sie ein komplexes Problem an. Wir hören immer wieder, dass Musiker ein ganz starkes Interesse an den “Urfassungen” haben, und aus wissenschaftlichem Interesse kann ich das bestens nachvollziehen. Wir als Urtext-Verlag stehen allerdings diesen Frühfassungen eher skeptisch gegenüber. Es ist unsere Überzeugung, dass wir musikalischen Werke, soweit möglich, in der “Fassung letzter Hand” veröffentlichen. Werkstadien, die im Kompositionsprozess überarbeitet oder verworfen wurden, wollen wir nicht dokumentieren. Wir möchten damit den Willen des Komponisten respektieren, der ja sein Werk in den meisten Fällen in einer definitiven Form der Nachwelt überliefert hat. Wir machen nur dann eine Ausnahme, wenn die Frühfassung nicht ein überholtes Vorstadium repräsentiert, sondern vom Komponisten autorisiert ist und sogar veröffentlicht wurde. Schumann ist dafür ein prominentes Beispiel, und manche seiner Klavierwerke bringen wir in Früh- und Spätfassung. Der Fall des Dvorak-Trios liegt anders: Hier hat es nie eine vom Komponisten freigegebene und veröffentlichte Frühfassung gegeben, weshalb wir ganz bewusst davon Abstand nehmen, eine solche Fassung zu publizieren. Ich muss Sie leider um Verständnis bitten, dass wir von diesem prinzipiellen Standpunkt nicht abrücken möchten. Aber ich gebe zu, dass der Blick in die Komponisten-Werkstatt äußerst spannend und inspirierend sein kann…

      Für Ihren Diskussionsbeitrag nochmals herzlichen Dank!
      Auch Ihnen ein schönes Weihnachtsfest,
      mit freundlichen Grüßen
      Norbert Müllemann

  4. Dr. Albert Schnelle sagt:

    Sehr geehrter Herr Müllemann,

    haben Sie herzlichen Dank für Ihre ausführliche Antwort. Selbstverständlich verbietet mir schon der Respekt vor Ihrer verlegerischen Leistung, Ihre dargelegten, ohne Weiteres gut nachvollziehbaren Grundsätze anzuzweifeln oder zu kritisieren. Nur, meine ich, sollte eine Diskussion darüber, was uns als heutigen Rezipienten klassischer Meisterwerke der Musik (entsprechendes gilt für die Literatur) erlaubt ist – Respekt vor dem fertigen, vom Komponisten autorisierten “Werk letzter Hand”, neugieriger, gar unerlaubter Einblick in die Werkstatt, Erkenntnisgewinn, vielleicht Bereicherung für die Aufführungspraxis?

    Uneingeschränkt zustimmen kann ich Ihnen jedenfalls, wenn es lediglich darum geht, Skizzen, Zwischenentwürfe und ähnliche Durchgangsstadien im Schaffensprozess zu dokumentieren, was den Rahmen einer praktischen Edition zweifellos sprengen würde und allenfalls von wissenschaftlichen Gesamtausgaben geleistet werden kann. Es geht nur um in sich abgeschlossene, “fertige” Erstfassungen, wie wir sie bei den meisten Komponisten oft zahlreich vorfinden. Und sicher wäre hier zu differenzieren. Überarbeitungen erfolgten ja aus den unterschiedlichsten Gründen.
    – künstlerische Weiterentwicklung des Komponisten, erkannter Verbesserungsbedarf oder neue, andere Sichtweise auf ein frühes Werk (Mendelssohn in zahlreichen Fällen, Schumann, Brahms, H-Dur Trio op. 8, Dvorak, Trio op. 65, Liszt – Lieder und zahlreiche Klavierwerke als “Work in Progress”)
    – Forderungen seitens Publikum, Kritik, Dramaturgie Verlegern (Beethoven – Leonore/Fidelio, Bruckner – Sinfonien, Verdi – Don Carlos, Wagner -Tannhäuser, siehe auch Hanslicks Kritik an Dvoraks “Dimitrij”)

    Die Fallgruppen ließen sich beliebig erweitern und differenzieren.

    Eine ähnliche Kategorie betreffen die Fälle, in denen die Komponisten mit mancherlei Skrupeln behaftet selbst ihre Werke zurückhielten, nicht für den Druck freigaben oder gar im Entwurfsstadium aufgaben.

    Soll das nun alles der Nachwelt vorenthalten werden? Zum Glück haben sich Verleger und praktizierende Musiker auch in der Vergangenheit nie allzu strenge Prinzipien zu Eigen gemacht, wenn es galt, Wertvolles und Interessantes zutage zu fördern. Sonst wären uns bis zum heutigen Tag vorenthalten die “Urleonore” Beethoven, die Erstfassungen der Brucknersinfonien, der komplette fünfaktige Don Carlos, zahlreiche “aufgegebene” Schubert-Fragmente, ja selbst die von Mendelssohn nie “freigegebene” Italienische Sinfonie und so etwas Herrliches, wie die jüngst auf CD veröffentlichte Erstfassung des Mendelssohn-Trios op. 49.

    Ich denke, gerade in einer Zeit, wo immer mehr Interpreten auf das immer gleiche (und notwendig beschränkte) Repertoire klassischer Meisterwerke zurückgreifen, könnte ein Blick auch auf die bislang unentdeckten Früh- und Alternativfassungen, die man damit ja den “gültigen” Fassungen letzter Hand nicht gleichstellen müsste, ungeahnte neue Aspekte bieten. Das nur zur Diskussion und – wie gesagt – nicht als Kritik.

    Mit freundlichen Grüßen
    Albert Schnelle

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