Franz Xaver Wolfgang Mozart, 1825 (Quelle: Wikimedia.org, Lizenz: PD)

Franz Xaver Wolfgang Mozart, 1825 (Quelle: Wikimedia.org, Lizenz: PD)

Dass Henle ein Mozart-Verlag ist, dürfte nichts Neues sein. Seit 2011 sind wir dies jedoch im doppelten Sinn. Unser Katalog bietet nicht nur die großen Klavier- und Kammermusikwerke sowie Solokonzerte von Wolfgang Amadeus Mozart, sondern seit 2011 auch Urtextausgaben von Werken Franz Xaver Wolfgang Mozarts, des jüngsten Sohnes des berühmten WAM.

Franz Xaver Wolfgang Mozart (1791–1844) war erst vier Monate alt, als sein Vater starb. Man setzte große Hoffnungen in den Sprössling und versuchte alles, um den Nachkommen in die Fußstapfen seines Vaters treten zu lassen. Er erhielt eine ausgezeichnete musikalische Ausbildung und nannte sich selbst schon bald nur noch „W. A. Mozart Sohn“ – eine Fehlentscheidung, denn es überrascht kaum, dass dieses Erbe eher zur Last als zur Chance wurde.

Den fatalen historischen Fehler, die Leistungen des Sohnes am Werk des Vaters zu messen, versucht man heute zu vermeiden. Auch Henle wagte in diesem Zusammenhang einen Neuanfang und legte 2011/2012 erstmals das gesamte Klavierwerk Franz Xaver Mozarts in zwei Bänden vor (HN 958 und 959). Damit haben wir Maßstäbe gesetzt und ermöglichen eine umfassende und vorurteilsfreie Würdigung dieser Musik. Herausgegeben wurden die beiden Bände von Karsten Nottelmann, der mit seinem Franz Xaver Wolfgang Mozart Werkverzeichnis (in: W. A. Mozart Sohn. Der Musiker und das Erbe des Vaters, Kassel etc. 2009) die wissenschaftliche Beschäftigung mit diesem Komponisten erstmals auf eine sichere Grundlage stellte (Nottelmann pflegt zudem eine eigene Website zum Thema „Mozart Sohn“). 2013 legte Karsten Nottelmann mit dem Flötenrondo e-moll (HN 1180) eine dritte Henle Urtextausgabe vor, sodass nun alle wichtigen Werke Mozarts in unserem Katalog zu finden sind.

Die Klavierwerke Franz Xaver Mozarts sind im Henle-Doppelband nach Gattungen geordnet und innerhalb der Gattungen chronologisch. Dies ermöglicht einen optimalen Überblick über das umfangreiche Schaffen. Zu entdecken ist Bekanntes (etwa die reizvollen „Polonaises mélancoliques“, Band II), Kurioses (Variationen für Klavier zu drei Händen, Band I) und Ambitioniertes. Wer weiß z. B., dass Franz Xaver Mozart zu den Komponisten gehörte, denen Anton Diabelli 1819 einen Walzer schickte, mit der Bitte eine Variation darüber beizusteuern? Mozarts „Diabelli-Variation“ ist rasant, wie diese Aufnahme durch Andreas Staier eindrucksvoll belegt. Mozart ließ es jedoch nicht bei der einen Variation bewenden. Zwar brachte er es nicht auf „33 Veränderungen“ wie Beethoven, fügte jedoch eine zweite Variation hinzu, die Diabelli unveröffentlicht ließ – bei Henle ist sie nun zu finden!

Mozart setzte sich – wen wundert es – zudem intensiv mit den Werken seines Vaters auseinander. Ein reizvolles Ergebnis dieser Beschäftigung sind die Variationen über das berühmte Don Giovanni-Menuett. Zudem scheint er die Klavierkonzerte seines Vaters regelmäßig im Konzert gespielt zu haben. Die erhaltenen Kadenzen, die sich Franz Xaver dazu auf den Leib schrieb, finden sich im 2. Band unserer Ausgabe und bieten einen einmaligen Einblick in den improvisatorischen Umgang des Sohnes mit dem Material seines Vaters. Diese und ähnliche Entdeckungen sind in unserer Sammelausgabe zu machen, darunter einige Erstausgaben von Werken, die bisher noch nie im Druck erschienen sind!

Franz Xaver Wolfgang Mozart, Variationen über die „Marche golcondaise” aus „Aline, Reine de Golconde” op. 3, Titelblatt der Erstausgabe, Wien 1805 (Quelle: Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz, http://ngcs.staatsbibliothek-berlin.de/?action=metsImage&format=jpg&metsFile=PPN766757579&divID=PHYS_0001&width=795&rotate=0)

Franz Xaver Wolfgang Mozart, Variationen über die „Marche golcondaise” aus „Aline, Reine de Golconde” op. 3, Titelblatt der Erstausgabe, Wien 1805 (Quelle: Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz, http://ngcs.staatsbibliothek-berlin.de/?action=metsImage&format=jpg&metsFile=PPN766757579&divID=PHYS_0001&width=795&rotate=0)

Das sogenannte Flötenrondo e-moll – in Wahrheit der 1. Satz einer nie vollendeten Sonate für Flöte und Klavier – gehört zum Kernrepertoire aller Flötisten und rundet das vom Henle-Verlag präsentierte Bild des Musikers Franz Xaver Wolfgang Mozart auf reizvolle Weise ab.

Grundlage unserer Edition sind sowohl Erstausgaben als auch Autographe, die in verhältnismäßig großer Anzahl erhalten sind. Auf der Website des Mozarteum Salzburg kann man die Quellen aus den dortigen Beständen mustergültig einsehen. Dort findet sich zudem die Digitalisierung samt Übertragung der Einträge in eines der Stammbücher des Komponisten – ein Angebot, das zum Stöbern einlädt.

Stammbucheintrag Constanze Mozarts, 20. Juni 1801 (Quelle: Mozarteum Salzburg, http://dme.mozarteum.at/DME/briefe/letter.php?mid=3191&cat=6)

Stammbucheintrag Constanze Mozarts, 20. Juni 1801 (Quelle: Mozarteum Salzburg, http://dme.mozarteum.at/DME/briefe/letter.php?mid=3191&cat=6)

Aus Anlass des 170. Todestages Franz Xaver Wolfgang Mozarts am 29. Juli 2014 sendete der WDR unter Mitwirkung unseres Herausgebers Karsten Nottelmann ein ZeitZeichen:

[wpaudio url=”https://blog.henle.de/audio/wdr5zeitzeichen_2014-07-29_09-05_FXMozart.mp3″ text=”WDR 5 ZeitZeichen vom 29.07.2014: 1844 – Todestag des Komponisten F. X. W. Mozart von Claudia Belemann” dl=”0″]

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